Besuch des Schreiber Museums in Esslingen
Eigentlich heißt der J.F. Schreiber Verlag gar nicht mehr so, sondern seit 1988 trägt es den Namen Esslinger Verlag J.F.Schreiber. Damals ging das Familienunternehmen in die Verlagsgruppe Klett über. Seit 2014 residiert er auch nicht mehr in der Stadt, die ihm seinen neuem Namen gab, sondern mit dem Thienemann Verlag unter einem gemeinsamen Stuttgarter Dach.
Das Museum jedoch, untergebracht in einem schönen historischen ehemaligen Pfleghofgebäude, trägt weiterhin den Namen des Firmengründers Jakob Ferdinand Schreiber, der den Verlag 1831 gegründet hat. Eigentlich sollte er Schuhmacher werden, aber er galt als zu schwächlich für diesen Handwerksberuf. Er wurde Steindrucker (ein nicht weniger anstrengender Beruf) und heiratete eine 10 Jahre ältere, vermögende Frau. Mit ihrer Hilfe gründete er dann den Verlag und hatte von Anfang an ein glückliches Händchen: Der Druck von farbigen Bildern, die Bibelszenen zeigten, wurde ein großer wirtschaftlicher Erfolg. Kein Wunder: Waren doch Bücher in den damaligen Haushalten rar – in der Regel standen dort eine Bibel, ein Gesangbuch und ein Kochbuch. Die farbigen Bilder waren als Illustration zu den biblischen Geschichten eine bezahlbare Erweiterung.
So wurde die wirtschaftliche Grundlage geschaffen für ein erfolgreiches Unternehmen: Lehrreiche Inhalte in Kombination mit sorgfältiger Gestaltung war das Erfolgsrezept. Der Steindruck ermöglichte den Druck von Lehrtafeln für die Klassenräume und es folgten Bilderbücher mit bunten Illustrationen, die den Kindern nicht nur Geschichten erzählten, sondern gleichzeitig auch lehrreich waren, weil sie die Natur oder Technik abbildeten. Manche dieser Klassiker sind bis heute zu haben: Besonders bekannte Beispiele sind „Die Häschenschule“ oder „Etwas von den Wurzelkindern“.
Ein weiteres Standbein waren die beliebten Modellbögen aus Papier, mit denen man historische Bauten, Maschinen und mehr nachbauen konnte.
Im liebevoll gestalteten Museum sind eine ganze Reihe von Objekten zu sehen: Alte Steinplatten, deren Motive wahre Kunstwerke sind, Beispiele für die Heiligenbilder, aber auch alte Druckpressen und Arbeitsplätze der Verlagsmitarbeiter, sowie eine beeindruckende Sammlung von Modellbauten aus Papier. Steindrucker zu sein war übrigens ein gut bezahlter Beruf, die Nachkolorierung der Drucke erfolgte von Hand – ein schlecht bezahlter Job, der von Frauen ausgeübt wurde.
Ein Besuch des Museums lohnt sich auf jeden Fall – auch mit Kindern. Denn es ist nicht nur spannend, etwas über die Verlagsgeschichte zu erfahren und die Ausstellungsgegenstände zu betrachten, sondern es gibt auch Bastelangebote für Kinder zwischen 4 und 12 Jahren. Und vor allem die jüngeren Kinder werden sich am Ende der Führung durch das Museum gerne noch in die dunkle, heimelige Wurzelhöhle setzen und der multimedialen Geschichte der Wurzelkinder folgen, die von der Erdenmutter auf den Frühling vorbereitet werden!
Übrigens: In Esslingen gibt es noch einen Menschen, der das Steindruckhandwerk beherrscht und ausübt. Einen Bericht über einen Besuch in seiner Werkstatt finden Sie hier.
Text und Bilder: Susanne Martin