Trilogien für Erwachsene (Teil 2)
Unglaublich bewegend ist die autobiografisch geprägte Romantrilogie „Alle Toten fliegen hoch“ von Joachim Meyerhoff.
Stets schwankt der Erzähler zwischen Tragik und Komik, zwischen, Hoffnung, Verzweiflung, Zerbrechen und Wiederanfangen. Er schreibt von der Kindheit in einer Psychiatrischen Anstalt, die sein Vater mit großer Menschlichkeit leitete, vom Austauschjahr in den USA, vom viel zu frühen Verlust des Bruders und des Vaters, vom Einzug ins „rosa Zimmer“ bei den Großeltern, und von der Pein beim Schauspielstudium in München, das ihm, dem Insichgekehrten, dem Verschlossenen alles abverlangte und zugleich seine größte Gabe schulte: Seine scharfe Beobachtungsgabe. Diese und sein schauspielerisches Gespür für Spannung und Pointen machen das Lesen seiner Bücher zu einem wunderbaren Erlebnis. (Alle Toten fliegen hoch – „Amerika“, „Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war?“, „Diese Lücke, diese entsetzliche Lücke“)
Einen ganz anderen Tonfall schlägt Frank Schulz in seiner „Hagener Trilogie“ an, die im trüben Norddeutschland beginnt und schließlich, nach einem Umweg über Griechenland, doch wieder in Hagen endet – Hagen, das Dorf, wohlgemerkt, nicht die Stadt. Der Held, „Mufti“, der eigentlich kein Held ist, leidet an Heimweh, an Sehnsucht nach Heimat, wie er sie in seiner Kindheit gekannt hat. Und weil sich diese Sehnsucht nicht erfüllt, nicht erfüllen kann, trinkt er in Hamburger Kneipen, philosophiert und schwadroniert und regt sich auf und begibt sich schließlich auf eine, nun ja, Odyssee könnte man es nennen, die ihn aber auch nicht recht voran bringt. Was recht deprimierend klingt, beschreibt Frank Schulz aber mit einem herrlichen Witz, recht trocken manchmal, und gleichzeitig warmherzig klug und unnachgiebig auch gegen seine Figuren, die, man sieht es zeitig kommen, irgendwie immer scheitern werden. Lesegenuss ist das allemal. („Kolks blonde Bräute“, „Morbus fonticuli oder die Sehnsucht des Laien“, „Das Ouzo-Orakel“)
Im Süden Deutschlands, genauer gesagt im Freiburger Raum, spielt die Hexen-Trilogie von Astrid Fritz. Beginnend im 16. Jahrhundert erzählt Fritz die Geschichte einer jungen Frau, die just an dem Tag geboren wurde, als eine andere Frau als Hexe auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde. Sie wächst zu einer jungen, willensstarken Frau heran, die sich zeitlebens gegen die Abhängigkeit von Männern wehrt – im düsteren Mittelalter kein gern gesehenes Verhalten…
Über drei Generationen hinweg erzählt die Autorin vom Schicksal drei sehr unabhängiger Frauen, die in ihrem Willen nach Selbstbestimmung ihrer Zeit weit voraus waren. („Die Hexe von Freiburg“, „Die Tochter der Hexe“, „Die Gauklerin“)
Eine ganz andere Sorte der „Hexenjagd“ spielt in Tad Williams‘ Bobby-Dollar-Trilogie eine Rolle. In dem kleinen amerikanischen Städtchen St. Judas leben der Anwaltsengel Doloriel und ein paar Kollegen, getarnt als Menschen. Stirbt ein richtiger Mensch, erscheinen sie auf der Bildfläche, ebenso auch eine Person (meist ein Dämon) der Gegenseite, um vor einem Richterengel über die Seele des Verstorbenen zu verhandeln, damit diese entweder ins Paradies oder ins Fegefeuer geschickt werden kann. Doloriel, mit irdischem Namen Bobby Dollar, ist schon ohnehin kein ganz vorbildlicher Engel, als er bei einem Fall richtig Ärger bekommt: denn die Seele ist schon weg, bevor überhaupt eine der beiden Seiten eintrifft – ein Ding der Unmöglichkeit. Um zu verhindern, dass man ihm die Sache anhängt, macht sich Bobby selbst ans Ermitteln, mit Unterstützung der verdammt hübschen Dämonin Caz.
Großartige, in unserer Welt basierte Fantasy hat Williams hier abgeliefert, die nicht nur unterhält, sondern auch über Sinnhaftigkeit der Schwarzweißmalerei vieler Religionen nachdenken lässt. („Die dunklen Gassen des Himmels“, „Happy Hour in der Hölle“, „Spät dran am Jüngsten Tag“)
Im Bereich der Fantasy und auch bei den historischen Romanen lassen sich noch viele weitere, lesenswerte Trilogien finden (und auch Geschichten, die weit mehr als drei Bände aufweisen…), und auch in der Belletristik lassen sich noch weitere wirklich gute, mehrbändige Werke finden – Paul Austers New York-Trilogie zum Beispiel oder die historischen Trilogien von Petra Durst-Benning – aber ein paar Schätze sollen Sie ja noch selbst entdecken dürfen.
Text: Kati Fräntzel, Bildcollagen: Susanne Martin auf Basis der Cover der Verlage