Ein junger Mann, 17 Jahre alt, betrachtet das Bild seines toten Vaters. Obwohl es seit Jahren an derselben Stelle steht, betrachtet er es zum ersten Mal richtig. Und er beschließt, den Fotografen aufzusuchen, der dieses Bild gemacht hat um endlich mehr zu erfahren über seinen Vater, denn seine Mutter spricht nicht über ihn. Er reist nach Paris und trifft tatsächlich André, den Fotografen und seinen Patenonkel, zu dem er nie Kontakt hatte. Dieser gibt ihm die Uhr seines Vaters und einige Postkarten, die sein Vater aus der psychiatrischen Klinik schrieb, in der er mehrmals war. "Zur falschen Zeit" – hier erschließt sich auch der Titel des Romans, denn Emil war homosexuell – in den 50er Jahren in der Schweizer Provinz eine Katastrophe. In verschiedenen Perspektiven lesen wir nun einerseits die Recherche seines Sohnes, dem sich das Bild seines Vaters immer mehr enthüllt und gleichzeitig spricht Emil, der sich schon als Schüler in André verliebt und dennoch hofft, ein "normales" Leben führen zu können. Er heiratet, aber an seiner ersten Stelle als Lehrer verliebt er sich leidenschaftlich in einen Seminaristen und als dessen Mutter ihn erpressen will, da nimmt das Schicksal seinen Lauf…..
Raffiniert erzählt dieser Roman einerseits die Geschichte einer Recherche und von der Sehnsucht eines Sohnes, mehr über seinen Vater zu wissen. Und er erzählt von dem kleinbürgerlichen Mief der 50er Jahre in der Schweiz, als man Homosexuelle versuchte in psychiatrischen Krankenhäusern zu therapieren – es wird im Nachkriegsdeutschland kaum anders gewesen sein. Obwohl das Buch ganz langsam beginnt, kann man es schon nach wenigen Seiten nicht mehr aus der Hand legen, denn es es ist so vielschichtig und vieles, was zu Beginn unverständlich erscheint, z.B. das Verhalten der Mutter, die nicht über ihren toten Mann spricht, erscheint am Ende in ganz anderem Licht.
Ein Buch, das unter die Haut geht und lange nachklingt!