Stellen Sie sich vor, daß in Ihrem Kühlschrank plötzlich immer wieder etwas fehlt. In Ihnen keimt der Verdacht, daß da noch jemand ist in Ihrem Haus. Und mit Hilfe einer Webcam stellen Sie fest: Das stimmt!
Dieser schmale Band erzählt von dem japanischen Meteorologen Shimura Kobo, dem genau das passiert. Aber vor allem erzählt er davon, was in ihm vorgeht, nachdem die Polizei die Frau, die fast ein Jahr lang unbemerkt in seinem Haus gelebt hat, in Gewahrsam genommen hat: „Es gelingt mir nicht mehr, mich zu Hause zu fühlen“ sagt er im Prozess gegen die Frau zum Richter.
Aber auch seine „Mitbewohnerin“ kommt zu Wort. Wir erfahren etwas über ihr Schicksal und wie es ihr gelungen ist, unbemerkt zu bleiben.
Die Idee zu diesem Buch kam dem französischen Autor Éric Faye beim Lesen einer Zeitungsnotiz in der Rubrik „Vermischtes“. Auf gut 100 Seiten entwirft er das psychologische Porträt zweier Menschen, die nie miteinander sprechen werden, die aber trotzdem durch die gemeinsame Zeit miteinander verbunden bleiben. Zu Recht wurde er dafür mit dem Literaturpreis Grand Prix de l’academie Francaise ausgezeichnet.
Ich habe dieses Büchlein sehr gerne gelesen. Das Unbehagen von Shimura, dessen Verdacht sich immer mehr verdichtet konnte ich sehr gut nachempfinden, ja ich war fast versucht, nach der Lektüre einen Blick in meinen Kühlscharnk zu werfen! Und auch die Gefühle, die ihn nach dieser Entdeckung bewegen, könnte ich teilen. Ich fragte mich zwar die ganze Zeit, wie jemand das nicht bemerken kann, daß noch jemand im Haus ist, aber nachdem ich die Worte von seiner „Mitbewohnerin“ gelesen hatte, erschien mir auch das schlüssig.
Interessante, spannende Lektüre!