Louise lebt Ende der 80 er Jahre in Berlin, aufgewachsen ist sie jedoch in der Normandie. Als ihre Großtante stirbt, kehrt sie zum ersten Mal nach vielen Jahren in die Normandie zurück, auch weil sie direkt danach für ein Projekt in der Region arbeiten soll. Auf der Beerdigung lernt sie Ida Kempf kennen, eine Großcousine. Die beiden Frauen kommen miteinander ins Gespräch und Louise erfährt Geheimnisse aus ihrer Familie, die ihr manches erklärbar machen im schwierigen Verhältnis zu ihrer Mutter: Die nämlich war während der Besatzungszeit verliebt in Franz, einen deutschen Soldaten – damals ein Skandal in Frankreich. Aber Ida enthüllt ihr noch mehr über die Geschichte ihrer Mütter……
Spannend und auf eine ganz besondere Weise erzählt Odile Kennel die Geschichte einer Familie, die zerbricht am Krieg und einer Liebe, die nicht sein darf. Die Perspektive wechselt immer wieder zwischen Louise und Ida, aber auch Louise’s Mutter kommt zu Wort, mit der sie auf der Beerdigung kein Wort gesprochen hat und die auf ihre Tochter wartet. Entsprechend sind diese Teile mit „Warten 1“ etc betitelt. Ida hingegen hat die Geschichte der Familie aufgeschrieben und erzählt sie Louise in einem langen Gespräch – den letzten Teil liest Louise dann selbst. In ihm enthüllt sich, was ihre Mutter ein Leben lang verschwiegen hat und woran sie gelitten hat.
Ich habe dieses Buch sehr gerne gelesen. Zwar hatte ich manchmal etwas Mühe, die Familienverhältnisse richtig einzuordnen, aber das tat meinem Lesevergnügen keinen Abbruch. Das Leben im besetzten Frankreich, die Unmöglichkeit einer Liebesbeziehung zwischen Besatzern und Besetzten werden ebenso sensibel beschrieben wie die Auswirkungen bis in die nächste Generation. Eine unbedingte Leseempfehlung!
Eine Lesung mit Odile Kennel können Sie hier anschauen