446 S.
EAN 9783442482498
ISBN 9783442482498
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Totengebet

Beschreibung

Kürzlich hatte ich hier den neuesten Thriller von Elisabeth Herrmann “Düstersee” besprochen und als ich das Buch in unser Krimiregal einsortierte stand da doch tatsächlich noch ein ungelesener Fall für Jochim Vernau! Ich hatte das Leseexemplar noch in die Buchhandlung geschickt bekommen und wahrscheinlich war es in der Menge der damals zu lesenden Neuerscheinungen einfach untergegangen. Nachdem mir Düstersee gut gefallen hatte, habe ich gleich nahtlos an die Lektüre angeschlossen. Besonders reizte mich an diesem Krimi, daß er zu Teilen in einem Kibbuz spielt.

Der Inhalt

Berlin, 2015. Anwalt Vernau erwacht im Krankenhaus und kann sich an nichts mehr erinnern. Dafür ist er der Held von Berlin: In einer U-Bahnstation hat er mehrere Männer in die Flucht geschlagen, die einen älteren Herrn bedrängt haben. Aber wer ist die junge Frau mit dem Davidstern, die seitdem durch seine Erinnerung geistert? Und was hat sie mit den schrecklichen Morden zu tun, die sich wenig später ereignen? Als Vernau der schönen Unbekannten zu nahe kommt, wendet sich das Blatt: plötzlich steht er unter Mordverdacht. In letzter Sekunde kann er das Land verlassen, sein Ziel: Tel Aviv. In der brodelnden Metropole am Mittelmeer sucht er nach dem einzigen Menschen, der ihn entlasten kann – und wird hinabgezogen in den Strudel eines vergessenen Verbrechens, das sich vor über dreißig Jahren in einem Kibbuz in Israel ereignet hat … (© Goldmann Verlag)

Meine Meinung

Auch dieser Krimi hat mir sehr gut gefallen. Es ist allerdings zu befürchten, daß ich nicht so wahnsinnig objektiv urteile, denn die Lektüre katapultierte mich zurück in meine Jugend, als ich Anfang der 80er Jahre selbst als Volunteer in einem Kibbutz in Nordgaliläa war. Vieles von dem, was Joachim Vernau erinnert, habe ich ähnlich erfahren, auch wenn ich einige Jahre früher und noch weiter im Norden Israels gewesen bin. Wir lebten zwar nicht in Baracken wie Joachim Vernau und seine Clique, aber die Voluteerhäuser war sehr einfach ausgestattet und auch das Volunteerleben dürfte ähnlich verlaufen sein. Und auch “mein” Kibbuz ist mittlerweile kein Kibbuz mehr, ganz so wie der, in den Joachim Vernau nach dreißig Jahren zurückkehrt.

Aber auch der Kriminalfall ist gut ausgearbeitet: Die junge Rachel sucht ihren Vater und weiß: Einer von 4 jungen Deutschen, die vor 30 Jahren in dem Kibbuz war, in dem ihre Mutter damals lebte, muss es sein. Ihre Mutter hat sich nach ihrer Geburt umgebracht und ihr Vater hat eine neue Familie gegründet. Erst als sie selbst heiraten will stellt sie fest, daß der Mann, den sie für ihren Vater hielt, sie nur an Kindes statt angenommen hat. Ihre Suche hinterlässt jedoch eine Blutspur: Ein Mann stürzt vom Balkon zu Tode, ein weiterer wird bei einem Autounfall verletzt, ein dritter scheint sich im Anschluss an den Kibbuzaufenthalt nach Griechenland abgesetzt zu haben und ist verschwunden. Joachim Vernau, der vierte Kandidat, gerät unter Mordverdacht und recherchiert auf eigene Faust. Im Kibbuz, der inzwischen keiner mehr ist, trifft er eine ehemalige Volontärin, die etwas zu verheimlichen scheint. Immer mehr gerät der Verschwundene 4. Volontär in den Focus. Aber auch Rachel verfolgt eine Spur: Kann es sein, daß der Mann, von dem sie jaherlang dachte, er sei ihr Vater, etwas über ihren leiblichen Vater weiß?

Diese Zutaten verknüpft Elisabeth Herrmann geschickt zu einem fesselnden Thriller. Im Nachwort schreibt sie, daß sie selbst Anfang der 80er Jahre in einem Kibbuz als Volontärin gearbeitet und danach noch einige Monate in Jerusalem verbracht hat. Das merkte ich dem Roman an, denn die Atmosphäre im Kibbuz hat sie wunderbar eingefangen. Auch danach führten sie einige Reisen zurück nach Israel und auch das sorgt für eine authentische Atmosphäre im Roman. Für Joachim Vernau ist die Reise zurück in die Vergangenheit nicht nur wichtig, weil er sich von dem Mordverdacht, unter dem er steht, befreien möchte. Er wird auch noch einmal mit seinen damaligen Gefühlen und Erlebnissen konfrontiert und der Frage, ob manches in seinem Leben vielleicht anders verlaufen wäre, wenn er derjenige gewesen wäre, der Rachels Vater ist.

Fazit: Ein spannender Roman, der mich auch aus persönlichen Gründen ganz besonders gefesselt und in mir viele Erinnerungen wachgerufen hat. Aber auch die, die diese Erfahrungen nicht mit Autorin und dem Hauptportagonisten teilen, werden diesen Thriller gerne lesen! 

In diesem Interview spricht Elisabeth Herrmann über ihre Kibbuz – Erfahrungen und ihre Recherchen zum Roman (Video 11:42 Minuten)

Hier können Sie einen Blick ins Buch werfen

Wenn Sie Lust bekommen haben, das Buch zu lesen, können Sie es in den beiden Vaihinger Buchhandlungen buch+musik oder Vaihinger Buchladen bestellen oder herunterladen. Die Links führen direkt in die jeweiligen Webshops.

 

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Über die Autorin/den Autor
Von 1976 bis 2018 war ich im Buchhandel tätig und von Oktober 1995 bis Februar 2018 die Inhaberin der Schiller Buchhandlung, die ich zuvor fast 5 Jahre als Geschäftsführerin geleitet  habe. Ein Leben ohne Bücher ist für mich auch nach der Schließung meiner Buchhandlung unvorstellbar. Deshalb schreibe ich in der Rubrik "Buchtipps" weiter über meine Lektüreeindrücke. Meine bevorzugten Bücher sind vor allem Krimis, die ich für meine Arbeit als Jurymitglied der "Stuttgarter Kriminächte" regelmäßig lese. Ich lese außerdem literarisches und spannende Unterhaltungsromane. Inzwischen habe ich auch das Hörbuch für mich entdeckt und schaue immer noch gerne in Kinder- und Jugenbücher rein.
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