Pfarrhäuser waren in den Gemeinden nicht nur Gebäude, die besonders hervorgehoben waren, seit der Reformation waren sie auch nicht mehr nur von Priestern und ihren Haushälterinnen, sondern von ganzen Familien bewohnt. Pfarrerskinder sind beileibe nicht nur missraten wie Müllers Vieh, sondern es gab und gibt eine ganze Reihe bekannter Persönlichkeiten, die aus Pfarrfamilien stammen: Hermann Hesse, Friedrich Nietzsche, Vincent van Gogh, Rezzo Schlauch und nicht zuletzt unser aller Kanzlerin Angela Merkel.

In ihrem Buch „Schwäbische Pfarrhäuser“ widmet sich Ottilie Wildermuth dem schwäbischen Pfarrhaus auf amüsante und treffende Weise und erregte bei Erscheinen 1862 gleichermaßen Aufmerksamkeit und Kritik. In 9 Skizzen beschreibt sie unterschiedliche Typen von Pfarrhäusern. Da gibt es das freundliche Pfarrhaus, den Haselnusspfarrer, der in seinem Studierzimmer abends nicht die Bibel las, sondern Haselnüsse aus dem Garten aß und dazu ein Krüglein Wein trank. Im töchterreichen Pfarrhaus muss das Pfarrerspaar 11 Töchter großziehen und im gastfreien Pfarrhaus sind Gäste immer willkommen, auch wenn diese manchmal mit der dargebotenen Gastfreundschaft überfordert zu sein scheinen.

Kenntnisreich und unterhaltsam geschrieben sind diese Skizzen nicht nur sehr unterhaltsam zu lesen, sondern die geneigte Leserschaft erfährt gleichzeitig viel über das biedermeierliche Leben in dieser Zeit. Dabei scheint Die Autorin einen Nerv innerhalb der Paffenschaft getroffen zu haben, denn besonders das Kapitel „Das geizige Pfarrhaus“ erregte den Unmut zahlreicher Pfarrer, die sich darin wohl besonders angesprochen fühlten und sich heftig beschwerten.

Am Anfang des Buches findet sich ein ausführliches Vorwort von Friedemann Scholl, in dem über das Leben und Werk von Ottilie Wildermuth, besonders aber auch die „Schwäbischen Pfarrhäuser“ reflektiert wird.

Der besondere, hintergründige Humor dieses Büchleins hat mich beim Lesen oft zum Schmunzeln gebracht! Deshalb empfehle ich die  „Schwäbischen Pfarrhäuser“ als eine Lektüre, die sich auch heute noch lohnt! Ein Dank an den Klöpfer & Meyer Verlag, der sie in seiner Reihe „Die kleine Landesbibliothek“ wieder möglich macht!