Eine Gesellschaft, die sich, wie einst Robin Hood, für die Schwächeren unserer Gesellschaft einsetzt. Genaugenommen die Schwächeren, die in irgendeiner Form geschädigt wurden, denen aber keine Gerechtigkeit widerfährt. Wie das gehen könnte, beschreibt der frühere WISO – Moderator Michael Opoczynski in seinem ersten Roman.
Während ich vom Buch nur mäßig begeistert war, ist Gastrezensentin Barbara Scholz ganz anderer Meinung, deshalb gibt es hier wieder einmal zwei Meinungen zu einem Buch!
Eine Privatbank hat jahrelang ihre Kund*innen mit hohen Zinsen angeblich sicherer Geldanlagemodelle gelockt und dann, als die Anlagen scheiterten, im Stich gelassen. Natürlich nicht, ohne vorher satte Provisionen eingestrichen zu haben und juristisch unanfechtbar. Ebenso im Regen stehen blieben die Anlagebeater, die nach kurzer Einarbeitung die meist älteren Opfer beraten hatten. Einen dieser Berater verfolgt diese Zeit noch heute, deshalb wendet er sich an die Gesellschaft für unkonventionelle Maßnahmen, denn er will Rache. Und die Gesellschaft tut etwas – juristisch nicht ganz einwandfrei, aber wirkungsvoll…..
Die Gesellschaft für unkonventionelle Maßnahmen hat fünf Mitglieder: Gründer Paul van den Loo ist ein älterer Herr, der die Gesellschaft als Verein führt, aber eigentlich der Chef ist. Denn von ihm kommt das Geld, das die Gesellschaft für ihre Opeationen benötigt. Eine eigene Erfahrung, die ihn viel Geld gekostet hat, löste bei ihm den ersten Impuls aus, „dem Recht gerade auch dann zum Sieg zu verhelfen, wenn die Juristen „Oh, aussichtslos“ riefen“.
Felicitas Hahmann ist eine ehemalige Bankberaterin, die irgendwann mehr wusste als ihr Chef. Jetzt ist sie Teilhaberin einer Versicherungsagentur und eine Top-Organisatorin. Außerdem gelingt es ihr besonders gut, Zielpersonen so zu umgarnen, daß sie mehr verraten als sie eigentlich möchten.
Hugo Eschweiler ist It – Spezialist und machte bei der Wende schlechte Erfahrungen mit den nicht blühenden Landschaften. In seinem Brotjob langweilt er sich und deshalb genießt er die Aktionen der Gesellschaft. Je eindeutiger etwas verboten ist, desto besser, Hauptsache es wird jemandem geholfen, dem von Polizei und Verwaltung nicht zu seinem Recht verholfen wurde.
Hans-Peter Pfister ist ein Allrounder und handwerklich geschickt. Auch er war einmal Opfer und die Gesellschaft sorgte dafür, daß der Täter, der ihn überfallen hatte, einen Denkzettel bekam. Seit er Mitglied der Gesellschaft ist, kann er auf die Lektüre von Kriminalromanen verzichten.
Vural Tabak ist Türke und arbeitet väterlichen Supermarkt mit. Er liebt den Kampfsport und ist in der Gesellschaft „zuständig für die Abteilung feste Handgriffe“.
Und dann ist da noch Silvio Cromm, der ehemalige Kriminalkommissar, der Männer und Bardolino liebt. Er hängte seinen Job bei der Polizei an den Nagel, als in einem Prozess ein brutaler Krimineller freigesprochen wurde, gegen den er jahrelang ermittelt hatte und in dem ihm Rassismus vorgeworfen wurde. Nun setzt er seine Fähigkeiten lieber für die Gerechtigkeit ein.
Diese fünf Menschen beschließen, den Geschädigten der Bank zu helfen und schmieden einen raffinierten Plan, der vor allem den Geschäftsführer treffen soll. Zwar können sie den Opfern ihr Geld nicht zurück geben, aber sie können dafür sorgen, daß dieser Mann nicht nur seinen Ruf, sondern auch sein Vermögen verliert.
Mich hat dieser Kriminalroman interessiert, weil er einmal einen ganz anderen Ansatz hat. Wem ging es nicht schon einmal so, daß er Wirtschaftsbossen, Bankern oder Kriminellen, die ungeschoren davon kamen Konsequenzen für ihr Tun wünschte! Michael Opoczynski, der als Journalist und Moderator immer wieder mit Fällen konfrontiert war, über die er nicht berichten konnte, weil seine Quellen nicht in Erscheinung treten wollten, führt mit den Mitteln der Fiktion lustvoll aus, was er solchen Menschen wünscht. Dabei geht die Gesellschaft zwar nicht gerade zimperlich vor, aber nie brutal. Ihr geht es darum, die Täter bloßzustellen und den Opfern Genugtuung zu verschaffen. Daß der Autor über ein breites Wissen im Wirtschaftbereich verfügt, merkt man diesem Buch an.
Auch seine Kenntnisse über die Arbeit in den Sendeanstalten fließen in den Roman ein: Die Gesellschaft braucht für ihren Plan nämlich auch die Öffentlichkeit des Fernsehens. Deshalb arbeitet sie mit dem freien TV – Journalisten Sönke Ahlers zusammen, den sie mit Informationen über die perfiden Bankgeschäfte füttert. Er wiederum stellt der Gesellschaft die Interviews zur Verfügung, die er mit den Geschädigten geführt hat. Diese Interviews sind ein wichtiger Bestandteil des Plans, mit dem der ehemalige Bankmanager mürbe gemacht werden soll.
Leider hat mich die Lektüre aber doch unbefriedigt zurückgelassen. Trotz der zweifellos vorhandenen Sachkompetenz ist es dem ehemaligen Journalisten für mein Empfinden nicht gelungen, einen echten Spannungsbogen zu schlagen, der nun einmal zu einem Kriminalroman zwingend dazugehört. Die Handlung plätschert allzu brav vor sich hin, die Charaktere sind eher klischeehaft und oberflächlich gezeichnet.
„In den Verlagen glauben sie, daß Fernsehjournalisten nicht schreiben können“ sagt Opoczynski in einem Interview. Soweit möchte ich nicht gehen, denn ich habe noch kein Sachbuch von ihm gelesen, aber von einem Kriminalroman erwarte ich noch mehr Spannung und sorgfältiger gezeichnete Figuren.
Schade! Ich hatte mir mehr von diesem Buch versprochen. Aber wer weiß, vielleicht hat Michel Opoczynski noch mehr Material für fiktive Geschichten. Ich könnte mir vorstellen, eine andere literarische Form würde dem Stoff besser tun. Ferdinand von Schirach hat es mit seinen Sozialreportagen vorgemacht und vielleicht wäre die Gesellschaft für unkonventionelle Maßnahmen zukünftig in einem ähnlichen Format besser aufgehoben!
‚Was ist ein Dietrich gegen eine Aktie? Was ein Einbruch gegen die Gründung einer Bank?’
Dieses Zitat aus Bertolt Brechts Dreigroschenoper könnte das Motto dieses Romans sein. Die Gesellschaft für unkonventionelle Maßnahmen nimmt sich der Menschen an, denen im normalen Rechtssystem keine Gerechtigkeit widerfahren ist. Auf eine unauffällige, originelle und ausgeklügelte, intelligente Art und Weise gelingt es den Mitgliedern der Gesellschaft dabei, den Betroffenen zumindest eine Art Genugtuung zu verschaffen. Man kann einwenden, dass es letztendlich ungesetzlich ist, das Recht in die eigenen Laienhände zu nehmen. Trotzdem hat mir dieser Roman ein ungeheures Lesevergnügen bereitet. Vermutlich steckt in jeder von uns der Wunsch nach einer Art von Vergeltung.
Ein spannender, witziger Kriminalroman der ganz anderen Art.
Fazit: Wieder einmal zeigt sich, wie unterschiedlich Bücher wirken und gelesen werden können! Einig waren wir uns, daß diesem Roman eine orginelle Idee zugrunde liegt, uneinig in der Qualität der Durchführung. Es hilft Ihnen jetzt eigentlich nur eins: Selber lesen!
Sie können sich Ihren eigenen Leseeindruck verschaffen und hier in’s Buch reinlesen
Sie können das Buch bei der Buchhandlung buch+musik in Stuttgart – Vaihingen zur Abholung oder zum Download bestellen
In einem Video des Benevento Verlages erzählt Michael Opoczynski etwas über das Buch und seine Motivation, es zu schreiben (5:52 Min.). Sie können es hier anschauen