Eine Städtereise nach London bescherte mir diese Lektüre, die ich allen nur an’s Herz legen kann, die sich für England, die Engländer*innen interessieren und dafür, warum eine Mehrheit für den Brexit gestimmt hat.

Der Inhalt

Annette Dittert arbeitete jahrelang als Korrespondentin für die ARD in London und ist noch immer dort angestellt, allerdings arbeitet sie heute nicht mehr im Nachrichtengeschäft, sondern macht längere Beiträge für die ARD.  Sie lebt auf einem Schiff in Little Venice, der Emilia, denn eine Wohnung ist inzwischen in London kaum noch bezahlbar. In ihrem Buch schildert sie in locker geschriebenen einzelnen Kapiteln Menschen, denen sie in London, aber auch in ganz England begegnet ist: Dem Blogger, der sich vorgenommen hat, das Eastend wie es wirklich ist in Blogbeiträgen am Leben zu halten. Sein Versprechen ist, täglich einen Beitrag zu schreiben – seit August 2009 sind 2900 Beiträge erschienen – wer The Gentle Author ist, weiß niemand, auch Annette Dittert nicht, obwohl sie ihn getroffen hat. Oder dem Mann, der ein Haus aus der Hugenottenzeit als Privatmuseum erhält, ein Haus, in dem alles so aussieht wie im 18. oder 19. Jahrhundert – ein Haus, in dem jedoch nicht gesprochen werden darf. Auch nach Nottinghill entführt sie ihre Leser*innen, das Stadtviertel, das früher ein Armenviertel gewesen ist, heute von Touristen überrannt und von Prominenten mit viel Geld bewohnt wird.

Das Thema, das sich durch das ganze Buch hindurch zieht, ist der Brexit. Immer wieder klingt es an, wie sehr die Abstimmung das Land spaltet, wie viele, vor allem junge Leute unglücklich darüber sind und wie es das Leben der Kontinentaleuropäer schon jetzt verändert hat. Auch die Journalistin fühlt sich nicht mehr dazugehörig, ertappt sich bei Begegnungen dabei, wie sie ihr Gegenüber versucht einzuordnen – für oder gegen den Brexit? Dabei liegen die Gründe für das Votum, ähnlich wie bei der Wahl von Donald Trump in Amerika weniger in einer rationalen Entscheidung, sondern in dem Gefühl, auf der Verliererseite zu stehen und materiell abgehängt zu werden.  Aus diesem Gefühl heraus haben viele Menschen den britischen Populisten Glauben geschenkt, die für all das die EU verantwortlich gemacht haben.

Meine Meinung

Ich habe dieses Buch sehr gerne gelesen! Es hat mir ein wirklich gutes Gefühl für London und für England vermitteln können, manches, was mir vollkommen unverständlich war, wurde mir klarer. Die Art, wie Annette Dittert mir dieses Land nahegebracht hat, nämlich durch Begegnungen mit Menschen aller Bevölkerungsschichten, macht es ausgesprochen lebendig und sehr gut zu lesen.

Fazit: Ein echtes Lesevegnügen für Englandliebhaber*innen und solche die es werden wollen, aber auch für alle, die verstehen wollen, warum viele für den Brexit gestimmt haben!

Wenn Sie Lust bekommen haben, das Buch zu lesen, können Sie es bei der Buchhandlung buch+musik in Stuttgart-Vaihingen zur Abholung oder zum Download bestellen

Im Dezember 2017 war Annette Dittert bei SWR-Leute zu Gast, Sie können die Episode hier nachhören (Video, 29,28 min)