Dieses Buch gab mir eine Freundin, die sich dachte, es könnte mir gefallen. Und sie hatte recht! Ich mag Bücher, in denen auf wenig Seiten viel erzählt wird – dieses tut dies meisterhaft.
Worum geht’s? In den 90er Jahre lebt der Drittklässler Jimmy mit seiner Mutter einem kleinen Ort in Belgien. Die Eltern haben sich getrennt, als Leserin ahnt man, dass der Vater als Versicherungsvertreter viele seiner Kund:innen übers Ohr gehauen hat. Jimmy ist ein kluger Junge, der gerade deshalb in seiner Klasse gehänselt wird und sehr einsam ist. Nach der Schule folgt er einer Routine: Er fährt mit dem Rad verschiedene Punkte im Ort ab, an denen er hofft, etwas Geld zu finden: Automaten, Schließfächer und natürlich den Geldautomaten vor Ort. Von dem Geld, das er findet, kauft er sich Chips mit Stickern für Sammelalben.
Als eines Tages Tristan in seine Klasse kommt, der mit seinen Eltern und Geschwistern aus dem Kosovo geflohen ist. Jimmy bekommt einen Nebensitzer und nimmt sich des von der Flucht traumatisierten Jungen an, übt mit ihm die Sprache, lernt mit ihm und verbringt seine ganze Freizeit mit ihm. Tristans Großfamilie bringt ihm das, wonach er sich so sehnt: Halt und Geborgenheit. Es entsteht eine wunderbare Freundschaft bis die Familie eines Tages den Ausreisebescheid erhält. Tristan und seine Schwester schmieden einen waghalsigen Plan, der die Ausreise verhindern soll und in dem Jimmy eine entscheidende Rolle spielt.
Auf nur 124 Seiten erzählt Lize Spit von einer Freundschaft, von der Einsamkeit eines kleinen Jungen, der sich nach Nähe sehnt und von den Traumata des Krieges. Wir lesen alles aus der Perspektive von Jimmy, der ganz in seiner eigenen Welt lebt und erst gegen Ende des Buches beginnt zu ahnen, dass Tristan ihn vielleicht ganz anders sieht, als er denkt. Vieles wird dabei nur angedeutet oder indirekt erzählt. Im letzten Drittel baut sich dann langsam eine Spannung auf, die sich bis zum Ende hin steigert, ein Ende, von dem man ahnt, dass es ein tragisches sein könnte.
Ich habe es bewundert, wie sich Liz de Spit in die Seelenwelt der Jungen einfühlen konnte, ohne dabei in irgendeiner Weise in den Kitsch abzurutschen. Ein Buch, das schnell gelesen ist, das aber so viel erzählt, dass man es sofort noch ein zweites Mal lesen will, um kleine Hinweise, die beim ersten Lesen vielleicht gar nicht als solche erkannt wurden, wahrzunehmen und die ganze Tiefe der Ereignisse noch stärker wahrzunehmen. Leseempfehlung!
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