Eigentlich lese ich sehr ungern Krimis, die sich mit richtig unappettitlichen Todesfällen beschäftigen. Oder wie würde Sie einen Toten bezeichnen, der von seinem Mörder völlig zermalmt und über ein Zimmer verteilt wurde? Oder wie stehen Sie zu 17 aufgereihten Füßen, die in ihren Schuhen, teils verwest, vor dem Londoner Friedhof Highgate stehen?
Trotzdem habe ich diesen neuen Kriminalroman von Fred Vargas verschlungen. Nicht zuletzt deshalb, weil es ihr gelungen ist, die Grausamkeit so zu beschreiben, daß es den Leserinnen und Lesern klar ist, daß ein entscheidendes Motiv für den Mord in dieser Grausamkeit liegt und nicht darin, sich an blutigen Details zu delektieren, wie mir das in so manchem Krimi (den ich dann nicht fertiggelesen habe) schon begegnet ist.
Kommissar Adamsberg, der mit seinem Team zu dem ermordeten und zermalmten Pierre Vaudel gerufen wird, tappt am Anfang im Dunkeln. Instinktiv weiß er, daß der Mann, der so offensichtlich der Täter sein soll, unschuldig ist. Absurd wird es, als sich eine Vebindung zu einem anderen Fall in London auftut: Dort war Adamsberg zusammen mit seinem Kollegen Danglard auf einem internationalen Kongress. Nicht nur, daß er sich dort völlig fehl am Platze fühlte – schließlich spricht er kein Wost englisch! Nein, zu allem Überfluß wurden sie dort mit einem mysteriösen Vorgang konfrontiert: Vor dem Friedhof Highgate standen fein säuberlich aufgereiht 17 Füße, die noch in ihren (nun nicht mehr benötigten) Schuhen steckten. Als Danglard feststellt, daß ein Paar dieser Füße in Schuhen steckt, die seinem Onkel gehört haben, wird Adamsberg hellhörig. Denn dieser Onkel stammt aus einem serbischen Dorf, in dem Vampire ihr Unwesen getrieben haben sollen, ebenso wie in Highgate. Da sich zu allem Überfluß auch noch ein Komplott gegen Adamsberg abzeichnet, bleibt ihm nicht mehr viel Zeit und er macht sich auf nach Serbien, in das Dorf von Danglards Onkel, um Licht in die verwirrenden Vorgänge zu bringen.
Was sich vielleicht etwas mystisch anhört und einen denken läßt, man hat es mit einem weiteren Vampirroman zu tun, trifft so nicht zu, denn dieser Fall ist raffiniert und vielschichtig gestrickt und findet am Ende seine durchaus schlüssige Aufklärung. Trotzdem bleibt Platz für originelle und schräge Charaktere, für Sprachwitz und Humor. So hören wir von Menschen, die Schränke gegessen haben oder die Fotos ihrer Mutter, Adamsberg kämpft mit der englischen Sprache und Danglard beginnt eine Romanze mit einer englischen Kriminalbeamten, deren Namen sich Adamsberg nicht merken kann und die er deshalb nach einem Anstecker nur Abstract nennt.
Wunderbare, intelligente und gut geschriebene Krimikunst, die sich wohltuend von der Masse des Durchschnittskrimis abhebt!