Der neue Roman von Oliver Bottini jetzt als Taschenbuch: Kein klassischer Kriminalroman, sondern ein Poltthriller, der sich mit einer höchst komplizierten Materie beschäftigt: Den Jugolslawienkriegen der 90er Jahre.
1991: Thomas Cavar hat gerade sein Abitur geschafft, sein Traumauto, einen Ford Granada mit 4 Türen gekauft und ist mit der Frau zusammen, die er liebt: Jelena. Thomas ist Kroate, Jelena ist Serbin, ihrer beider Heimat ist Rottweil, Jugoslawien, Kroatien, Serbien – das alles sind Wörter, nicht mehr für ihn und für sie. Aber dann beginnen die Auseinandersetzungen in Jugoslawien, Kroatien strebt nach Unabhängigkeit und Thomas beginnt, als Fahrer für Josip Vrdoljak zu arbeiten, der den baden-württembergischen Ableger der HDZ gegründet hat, einer neuen rechtsdemokratischen kroatischen Partei. Und plötzlich bekommt das Wort Heimat eine neue Bedeutung: Kroatien. Und weil man sich für seine Heimat voll und ganz einsetzen muss, geht Thomas immer wieder nach Kraotien, zuerst als Waffenlieferant, dann als Kämpfer.
2010: In Rottweil forschen Kroaten nach Thomas Cavar. Die Auskunft seiner Familie, er sei 1995 in Bosnien von Serben getötet und in einem Massengrab beerdigt worden, glauben sie nicht. Sie setzen den Jugendfreund von Thomas unter Druck. Gleichzeitig forscht Hauptkommissar Lorenz Adamek auf Wunsch seines Onkels nach Thomas – auch ihm erscheint es als Möglichkeit, daß Thomas noch leben könnte. Und dann ist da noch die deutsche Journalisten Yvonne Ahrens, die in Zagreb kroatischen Kriegsverbrechen nachgeht. Sie findet ein Bild, auf dem ein junger Soldat zu sehen ist, der einem alten Mann eine Pistole an den Kopf hält – niemand kennt den Namen des Soldaten, er ist verschwunden. Trotz mehrerer Warnungen forscht sie hartnäckig nach den Namen der beiden Männer auf dem Bild.
Natürlich wissen wir als Leserinen und Leser rasch, daß Thomas Cavar noch am Leben ist. Das ist nicht das, was das Buch spannend macht. Spannend ist, warum die einzelnen Gruppen nach Thomas suchen, warum Thomas untergetaucht ist und wem es zuerst gelingen wird, ihn zu finden.
Dabei führt uns Oliver Bottini tief in die Wirren der ethnischen Konflikte Jugoslawiens in den 90er Jahren. Der nationale Stolz der Kroaten, die politischen Machenschaften der europäischen Länder, denen es nicht gelingt, eine einheitliche Einstellung zu diesen Konflikten herzustellen, die fragwürdige Rolle deutscher Außenpolitiker – all das spielt in diesem Thriller eine wichtige Rolle.
Das ist aber gleichzeitig auch eine Schwäche des Buches: Es gibt viele Abkürzungen verschiedener Gruppierungen, es werden Ortsnamen mit Assoziationen der Handelnden verbunden, die sich den Leserinnen und Lesern nicht unbedingt erschliessen, manche Ereignisse werden als bekannt vorausgesetzt – all das erfordert Konzentration bei der Lektüre und Hintergrundwissen, das durch das Glossar im Anhang nicht zwangsläufig erschlossen wird. Es ist sehr hilfreich, ebenso übrigens wie die beigefügte Karte, aber ein knapper historischer Überblick über die Geschehnisse hätte mir sehr geholfen – ich habe das dann über Wikipedia nachgeholt.
Trotzdem: Ein spannender, niveauvoller Politthriller, der unbedingt zu empfehlen ist – allerdings mit der nötigen Zeit für die möglicherweise notwendige Zusatzlektüre!
Ein Interview mit Oliver Bottini können Sie hier ansehen