Zwei irische Brüder machen sich auf den Weg, einen noch unbezwungenem Berg hoch im Transhimalaya im Land Kham zu besteigen. Im Netz der Allmöglichkeiten, dem Internet, haben sie ihn gesehen, sie wollen ihn, den vielleicht letzten weißen Fleck auf der Landkarte, finden, berühren, bezwingen. Es ist die Suche nach der ultimativen Herausforderung, ihr Plan ist ein Wahnsinn, der Natur gegenüber hochmütig; doch im Grunde ist es die Suche nach dem Sinn ihres Lebens, dem Verständnis ihrer Geschichte.
Beide machen auf diesem eine Todeserfahrung, der Ältere stürzt ab.
Für den Jüngeren ist es eine neue Begegnung mit dem Leben, einer neuen Kultur, der er in Gestalt eine Nomadenfrau begegnet, eine Chance, die Beziehung mit seinem Bruder zu verstehen, neu zu erleben und ihr dann betäubt und entsetzt über ihr abruptes Ende zu entwachsen. Er hat seinen Sinn gefunden.
Es ist ein spannendes, atmosphärisches Buch: der ungewohnte Flattersatz d.h. der Roman ist wie ein Gedicht gedruckt, erschließt sich nicht in der ersten halben Stunde, doch wer dranbleibt, wird belohnt (als Alternative gibt es das vom Autor selbst gelesene Hörbuch).
Mit wunderschöner Sprache , manchmal am Rande der Mariniertheit, mit einem tiefen Blick in eine unbekannte Nomadenkultur, auf eine über alle Maßen schöne Bergwelt des Kham und auf die irische Herkunftsinsel, mit einem Blick in die Zerissenheit der irischen Geschichte und in das von China besetzte und bekriegte Osttibet schafft Ransmayr mit diesem Roman ein facettenreiches Bauwerk zweier Leben.
Eine spannende Lektüre für Bergsteiger und Naturliebhaber und für solche, die eine fremde Kultur kennenlernen wollen sowie für alle Liebhaber eines fundierten Entwicklungsromans. Die weibliche Leserin hat hier eine Chance, zumindest lesend an einem reichen männlichen Innenleben teilzunehmen.