Ein chinesisches Experiment, bei dem menschliches Erbgut mit einer Genschere manipuliert wurde, entsetzt zur Zeit die Forscherwelt. Der Wissenschaftsthriller von I.L.Callis bekommt dadurch eine erschreckende Aktualität und ich danke dem Emons Verlag, der mir ein kostenloses Leseexemplar dieses Buches zur Verfügung gestellt hat und mir so diese Lektüre möglich gemacht hat.

Der Inhalt

Alexander Lindahl ist Journalist, der sein Geld als freier Journalist von Reisereportagen verdient, in denen er hinter die glatten Kulissen der Länder schaut, die er bereist. Ein Studienfreund unterbreitet ihm ein lukratives Angebot: Er soll ein Buch über seine Firma Phoenix schreiben, ein international organisiertes Pharmaunternehmen, das vor allem im Bereich innovative Impfstoffe forscht. Alexander nimmt das Angebot an, merkt jedoch schnell, daß bei Phoenix noch andere Forschungsprojekte laufen, die strengster Geheimhaltung unterliegen. Sein Instinkt signalisiert ihm, daß hier etwas ganz und gar nicht stimmt: Er wird überwacht, einige Mitarbeiter wurden krank oder sind auf merkwürdige Art und Weise zu Tode gekommen,  das alles nährt sein Misstrauen. Er versucht, mehr über die Arbeit in der Firma herauszufinden und stößt auf ein geheimes Forschungsprojekt, dessen Kühnheit ihn entsetzt…..

Die Hauptpersonen

Alexander Lindahl ist ein Journalist, dem es vor allem darum geht, Missstände aufzudecken und Öffentlichkeit für sie zu schaffen. Seine Erfahrung ist, daß die Regierungen in aller Welt diese scheuen und dadurch immer wieder zum Handeln gezwungen werden. Als er den Auftrag, das Buch über Phönix zu schreiben, übernimmt, weiß er, daß Max van Damme, sein Komilitone und Firmengründer, darin die Arbeit seiner Firma für Laien verständlich beschrieben haben möchte mit dem Ziel, Fördergelder aus der Industrie einzuwerben. Max van Damme ist ehrgeizig und hat eine Vision für sein Unternehmen: „Phönix dient den Menschen“ ist sein Wahlspruch.

Alexander steht Firmen wie Phönix kritisch gegenüber, aber das Angebot ist so lukrativ, daß er sich darauf einlässt. Schon an seinem ersten Tag wird ihm ein Betreuer an die Seite gestellt, Maik, und er merkt schnell, daß es hier nicht um Betreuung, sondern um Überwachung geht. Als er auf das geheime Forschungsprojekt Lazarus stößt, dessen ursprünglicher Forschungsleiter mit einem Burnout in einer psychiatrischen Klinik landet, wird ihm klar, daß er jetzt zu viel weiß. Selbst wenn er seinen Auftrag nun abbricht, wird  er aus dieser Geschichte nicht mehr herauskommen. Als er im Moor des Spandauer Forsts auf eine geheime Forschungssation trifft, wird ihm das ganz Ausmaß des Projekts bewußt und er weiß, daß er alles dafür tun muß, es zu stoppen.

Meine Meinung

Dieser Thriller ist wirklich spannend und hat ein hochaktuelles Thema: Wie weit kann Forschung gehen, was für eine Rolle spielen enthische Grundsätze noch, wenn Forscher Möglichkeiten haben, Grenzen zu überschreiten? Dies oft unter dem (womöglich gut gemeinten) Vorwand, medizinischen Fortschritt zu ermöglichen, aber mit Folgen, die möglicherweise unbeherrschbar sind. I.L.Callis ist das Pseudonym der Thriller-Autorin Ines Eberl, die für diesen Roman 2 Jahre lang recherchiert hat, am Ende des Buches gibt es ein Quellenverzeichnis und Hinweise auf die beratenden Wissenschaftler. Man merkt, daß sie eine erfahrene Thrillerautorin ist, sie hält die verschiedenen Handlungsstränge souverän in der Hand. Als Leser*innen wissen wir immer mehr, als die Hauptperson Alexander Lindahl: Zum Beispiel, daß ein Forschungleiter sich auf eine riskante Spiongetätigkeit eingelassen hat, wie die Leitung von Phönix versucht, das aus dem Ruder gelaufene Lazarusprojekt zu beenden oder wie eine Gerichtsmedizinerin, bei der Untersuchung der Jacke eines im Spandauer Forst verschwundenen Jungen auf Genspuren stößt, die sie kaum für möglich hält.

Dabei ist dieser Thriller nicht unbedingt etwas für empfindsame Leser*innen: Die Szenen im Moor des Spandauer Forstes haben einen richtigen Ekelfaktor und es gibt ziemlich viele Tote. Hier stellte ich mir, wie schon öfter bei der Lektüre von Thrillern, in denen es um die Pharmaindurstie geht, wie realistisch eigentlich die beschrieben Szenarien sind: Skrupellosigkeit unterstelle ich ihnen durchaus, aber ob sie tatsächlich auch über Leichen gehen?

Was mich bei der Lektüre etwas gestört hat war, wie in mir als Leserin von Anfang an mit einer gewissen Penetranz der Verdacht geschürt wurde, daß in diesem Konzern etwas ganz und gar nicht stimmt – das hätte ich mir subtiler gewünscht. Manches ist auch ziemlich plakativ, so zum Beispiel wenn Alexander auf dem Weg zu seinem ersten Gespräch mit Phönix im Taxi an einer roten Ampel neben einem Kinoplakat zum Film „Metropolis“ hält, dem Film von Fritz Lang, in dem ein Professor einen künstlichen Menschen erschafft. Ich habe das jedoch in Kauf genommen, denn das Thema hat mich gefesselt und der Roman hat eine Dynamik entwickelt, die mich nicht mehr losgelassen hat.

Fazit: Spannende Lektüre mit Tiefgang, die zum Nachdenken anregt.

Der Emons Verlag hat eine eigene Seite zum Buch angelegt, auf der auch ein Blog integriert ist, in dem interessante Beiträge zu den Themen des Romans zu finden sind.

Galileo TV zeigt in einem kurzen Video die Problematik des chinesischen Experimentes und die ethischen Bedenken weltweit dagegen. Sie können es hier anschauen (1:28 Min)

Wenn Sie Lust bekommen haben, das Buch zu lesen, können Sie es bei buch+musik in Stuttgart-Vaihingen zur Abholung oder zum Download bestellen