Dieser Thriller interessierte mich aufgrund seines Themas: Ein Online-Redakteur, der bei einer großen Tageszeitung Hass-Kommentare löschen muss – was macht das mit einem? Nichts gutes, wie man aus Berichten über Menschen weiss, die nicht nur Hasskommentare, sondern auch menschenverachtende Fotos und Videos auf Facebook löschen müssen.

Der Inhalt

Noack ist ein Prepper. Das heißt, er bereitet sich vor auf die Katastrophe, die der Menschheit zuzm Verhängnis werden wird: Die Atomkatastrophe, der totale Stromausfall, ein Krieg. Irgendwann wird die Krise kommen, das weiß er, doch er wird vorbereitet sein: In seiner Wohnung, aber auch an verschiedenen „Außenstellen“ hat er Notvorräte angelegt, die ihm das Überleben sichern werden und jede Nacht joggt er und schwimmt in der Spree gegen den Strom, um sich fit zu halten.

Sein Job bestätigt ihn in dieser Vorgehensweise, denn Noack arbeitet als Content-Moderator bei einer großen Tageszeitung. Was sich großartig anhört bedeutet nichts anderes als das stundenlange löschen von Hasskommentaren. Er ist sich sicher, daß sein Name auf einer Liste steht, auf der die Menschen stehen, die man sich nach einem Volksaufstand vorknöpfen wird. Als er eines Tages nach der Arbeit überfallen und niedergeschlagen wird, scheinen sich seine Befürchtugen zu bewahrheiten

Meine Meinung

Das Cover des Buches animierte mich nicht gerade zur Lektüre, aber es trifft das Thema des Buches sehr genau: Der geifernde Kampfhund steht sinnbildlich für die tausenden von Hass-Kommentare und Drohungen, die Noack und seine Kolleg*innen täglich lesen müssen, bevor sie sie löschen. Mit der Zeit kennt er viele der Kommentierenden – Udet oder Wüstenfuchs, die sich an dem Zustand der Bundeswehr abarbeiten, Lady Midnight oder Racheengel, die sich Sorgen um ihre Töchter machen, die den Horden muslimischer Männer zum Opfer fallen könnten, die nur darauf warten, über sie herzufallen oder Rambo, der ganz allgemein gegen das „Gesocks“ oder die „Lügenpresse“ herzieht.

Noack lässt die Kommentare an sich abperlen, aber das ändert sich, als er vor dem Medienhaus niedergeschlagen wird. Er muss sein Training vorübergehend einstellen, die Theorie, daß Flüchtlinge aus dem gegenüberliegenden Flüchtkingsheim dafür verantwortlich sind, hält er für falsch. Als einer Kollegin Peppa dasselbe passiert und wenig später sein Sohn tot aufgefunden wird, sind Peppa und er sich einig, daß sie aufpassen müssen. Sie versuchen sich eine Waffe zu besorgen und weil sie beide wissen, wie in der rechten Szene kommuniziert wird, gelingt ihnen das auch. Als Leserin merkte ich deutlich, wie für Noack die Grenzen beginnen zu verschwimmen. In einem Dialog mit dem Waffenhändler war ich mir plötzlich gar nicht mehr so sicher, ob er wirklich nur so tut, als ob er die Ansichten des Reichsbürgers teilt oder ob er nicht inzwischen selbst die Ideen vertritt, über die er spricht.

Johannes Groschupf schreibt das alles in einer nüchternen, harten Sprache, die gut zum Inhalt passt. Die Dialoge sind treffend und gelungen, die Atmosphäre wird immer düsterer. Auch die Stimmung im Medienhaus ist gut eingefangen, die Verachtung, die Noack und seinen Kolleg*innen entgegengebracht wird, obwohl gerade ihre Arbeit essentiell ist: Je mehr Hasskommentare desto höher die Verweildauer der Leserschaft auf der Seite und desto höhere Werbeeinnahmen. Es gelingt ihm, seine Hauptperson Noack immer schillernder darzustellen. Ich ertappte sich dabei, daß ich als Leserin seine Besessenheit und seine Wut auf den Mörder seines Sohnes durchaus nachvollziehen konnte, seine Handlungsweise ist in ihrer Unausweichlichkeit schlüssig.

Dabei ist dies ist mehr als ein spannender Thriller. Es ist ein komplexer gesellschaftspolitischer Roman, der die Stimmungen unserer Zeit auf nur 236 Seiten einfängt: Rassismus, populistische Hetze, enthemmte Sprache, die aufstrebende Neonaziszene in ihren verschiedenen Ausprägungen, die Rolle der Medien und nicht zuletzt die Ängste, die Menschen wie Walter Noack zu Preppern machen. Einen Ausweg zeigt uns Johannes Groschupf nicht, aber er rüttelt seine Leser*innen wach.

Fazit: Schnell und hart sind Begriffe, die in fast jeder Rezension über diesen Thriller vorkommen. Dem kann ich nur zustimmen! Absolute Leseempfehlung!

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