Wer hier jetzt einen Teenager-Roman um die Aufregungen eines Abschlussballes erwartet liegt völlig falsch! Denn hier geht es um Marten, der regelmäßig auf Beerdigungen trompetet. Und ein Abschlußball ist eine Beerdigung, die von seinem Chef, dem Beerdigungsunternehmer Berger für Menschen auf der Schattenseite des Lebens ausgerichtet wird, denen so wenigstens am Ende ihres Lebens noch einmal die ganz große Aufmerksamkeit geschenkt wird: Musik, eine Ansprache und viele Gäste, die sich danach an einem Büffet gütlich tun können.

Als Marten von seinem Chef eine SMS bekommt, welches Lied beim nächsten Abschlussball gewünscht wird, ahnt er noch nicht, daß dieser Ball sein Leben verändern wird. Denn zu Grabe getragen wird Wilhelm Schocht, ein ehemaliger Klassenkamerad von Marten, Klassenbester und beliebter Schüler. Warum Wilhelm nach einer Klassenfahrt ganz plötzlich die Schule verlassen hat und verschwunden ist, weiß Marten ebensowenig wie Sonia, die aus der Zeitung von der Beerdigung erfahren hat und die ebenfalls in Martens Klasse war. Nach dem Abschlussball findet Marten eine Scheckkarte, ausgestellt auf den Namen Wilhelm Schocht und damit beginnt sein Leben aus den Fugen zu geraten.

Dieser Roman hat mir gut gefallen. Marten ist ein Sonderling, ein Mensch, der in seiner Kindheit Mutter und Vater verloren hat und das nie verarbeitet hat. Schon als Jugendlicher fühlt er sich alt und verfällt regelmäßig in Erschöpfungszustände. Sein Glück ist es, daß er einen Trompetenlehrer hat, dem es gelingt, ihm das Instrument nahe zubringen, obwohl er sich monetlang weigert, darauf zu spielen. So passt er auch in die Musikergruppe des Bestattungsunternehmers Berger, in der vor allem ein Mann hervorsticht: Sebastian, dessen Geige ein Totenkopf ziert und der die Angehörigen mit seiner Speilweise stets zu Tränen rührt. Als Marten ein Buch in die Hände bekommt über „Die unvollständige Geschichte der Begräbinsvioline“ ist er fasziniert und erkennt, daß auch Sebastian diese Buch kennen muss. Und als dieser stirbt, hinterlässt er Marten und seinen Kollegen ein Vermächtnis, das für Marten der Beginn eines neuen Lebens wird.

Vielleicht ist die Figur des Marten etwas überzeichnet in ihrer ständigen Lebensverweigerung, aber das sonstige Handlungspersonal, die teilweise skurrile Handlung und und vor allem die Art und Weise, wie Jess Jochimsen über Tod, Bestattungskultur und Trauermusik schreibt wiegt das bei weitem auf. Ein absolut lesenswerter Roman, der mich die Trauerkultur anders betrachten lässt als bisher!

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