Wiedergelesen: Der menschliche Makel von Philip Roth
Sommer 1998: Es ist der Sommer, in dem Präsident Clinton ins Kreuzfeuer der Kritik gerät wegen seines Verhältnisses zu einer Praktikantin. Auch der Collegeprofessor für Altphilologie, Coleman Silk sieht sich als Opfer einer hysterischen Hetzjagd: Zuerst wird er als angeblicher Rassist „enttarnt“ – die zwei Worte „dunkle Gestalten“, mit denen er zwei Studenten bezeichnet, die nie bei seiner Vorlesung erscheinen, genügen. Und als er bei er Behandlung eines antiken Dramas den feministischen Aspekt gänzlich außer Acht läßt, zieht er sich auch noch den Zorn einer jungen Kollegin zu – sie entlarvt ihn als sexistischen alten Lüstling. Denn Coleman hat auch ein Verhältnis mit Faunia, einer 30 Jahre jüngeren Frau, Mitglied der Putzkolonne des College und Analphabetin.
Als ob es nicht genug wäre, daß seine akademische Karriere zerstört ist, wird er außerdem vom geschiedenen Ehemann seiner Geliebten bedroht und seine Kinder wenden sich von ihm ab, weil sie ein solches Verhältnis nach dem Tod ihrer Mutter nicht billigen können.
Der eigentliche Skandal aber ist ein ganz anderer, denn Coleman verbirgt ein großes Geheimnis, das er nicht einmal seiner Frau und seinen Kindern anvertraute. Und dieses Geheimnis wirft ein völlig anderes Licht auf einen Mann, der sein Leben neu erfunden hat.
Dieser Roman ist in seiner Vielschichtigkeit faszinierend und sehr spannend zu lesen. Er zeigt viele verschiedene Aspekte der amerikanischen Gesellschaft des ausgehenden 20. Jahrhundert und beschäftigte mich auch noch lange nach der Lektüre. Ein Buch, das nichts von seiner Faszination verloren hat und es wert ist, wiedergelesen oder ganz neu entdeckt zu werden!
Susanne Martin
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