Die Schwäbische Alb wird gerne auch als „raue Alb“ bezeichnet und jetzt in diesen Wintertagen sicher durchaus auch zu Recht. Wer also jetzt in dieser Jahreszeit keine rechte Lust verspürt, Richtung „Schwäbisch Sibirien“ zu fahren, der nimmt einfach stattdessen diese schöne Anthologie zur Hand und erschließt sich Europas größte Karstlandschaft auf literarische Weise – schön gemütlich auf dem Sofa mit einem Heißgetränk in der Hand. Da stört es dann nicht, dass es da oben auf der Alb „en Kittel kälter“ ist.

Der Ausdruck „Wundersame blaue Mauer“ stammt übrigens von Eduard Mörike, um gleich mal einen der vielen hochkarätigen Schriftsteller aus der Anthologie zu erwähnen. Der war ja Pfarrer von Beruf und hat auch ein paar Jahre in Ochsenwang geschafft. Da oben beim Breitenstein hat er ganz sicher mindestens einen zweiten Kittel gebraucht, so bläst da manchmal der Wind über die Albhochfläche. Eduard Mörike ist auf der Alb viel herum gekommen und so begleiten wir ihn in einem seiner Gedichte auf einen „Besuch in Urach“, und in seiner „Historie von der schönen Lau“ zum Blautopf in Blaubeuren.
Texte von Hermann Lenz und Peter Härtling nehmen uns Leser mit auf eine Wanderung über die Alb,
Goethe dürfen wir ein Stück auf seiner Reise in die Schweiz begleiten. Er beschreibt seine Reiseetappe von Tübingen über Hechingen und Balingen bis nach Tuttlingen. Mit Wilhelm Hauff geht es in die Nebelhöhle und mit David Friedrich Weinland folgen wir seinem Held Rulaman aus dem gleichnamigen Roman in die Staffahöhle. Friedrich Hölderlin hat ein ganzes Gedicht der Burg Teck gewidmet, Justinus Kerner und Margarete Hannsmann dem Hohenstaufen.

In der Anthologie finden sich neben den Klassikern aber auch Beiträge von zeitgenössischen Autoren und Autorinnen, so z. B. von Tina Stroheker, die dem Flugrad von Gustav Mesmer, auch bekannt als Ikarus vom Lautertal, ein Gedicht widmet. Oder von Werner Herzog, den viele von uns vor allem als Regisseur kennen: Er ist 1974 im Winter zu Fuß von München nach Paris gelaufen und kam dabei auch über die Schwäbische Alb, wo er prompt in einen Schneesturm geraten ist. Ich hoffe, er hatte genügend Kittel an…

Sobo Swobodnik, der auf dem Härtsfeld bei Aalen aufgewachsen ist und von der Stadt Albstadt zu den Literaturtagen nicht als Stadtschreiber, sondern ausdrücklich als Albschreiber eingeladen wurde hat daraufhin einige Reportagen von der Schwäbischen Alb geschrieben.

Auch Felix Huby und sein Kommissar Bienzle dürfen nicht fehlen – der eine oder andere erinnert sich sicher an den Krimi „Bienzle und die schöne Lau“

Diese Anthologie ist eine sehr bunte Mischung aus Erzählungen, Essays und Gedichten aus zwei Jahrhunderten, die der Schwäbischen Alb ein literarisches Denkmal setzen.  Die literarischen Texte sind informativ, unterhaltsam, ernst und humorvoll und machen vor allem neugierig darauf, die Alb zu entdecken – als literarische Landschaft und als Landschaft zum Anfassen bzw. zum „Drinherumlaufen“.

Für alle, die die Schwäbische Alb sowieso schon lieben und für die, die sie noch entdecken wollen ist diese Anthologie ein wunderschönes Lesebuch, das man immer wieder zur Hand nehmen kann.