Nachdem ich 3 Romane von Ellen Sandberg gelesen habe, die mir unterschiedlich gut gefallen haben, kramte ich diesen Krimi aus meinem SUB hervor, den sie unter ihrem Klarnamen Inge Löhnig geschrieben hat.
Gina Angelucci kehrt nach 2 Jahren Elternzeit zurück in die Münchner Mordkommission, ihr Mann Tino übernimmt nun die Betreuung der gemeinsamen Tochter Chiara. Gina arbeitet in der Abteilung für ungeklärte Altfälle und wird mit einem Fall konfrontiert, in dem die Staatsanwaltschaft eigentlich gar nicht ermitteln will: Auf einem Baugrundstück in einem kleinen Dorf wurden die Leichen eines Mannes und einer Frau gefunden, die dort anscheinend schon seit Jahrzehnten lagen. Gina setzt Ermittlungen durch und findet heraus, daß die Tote aus dem Baltikum zu stammen scheint. Könnte es sich um eine Zwangsarbeiterin handeln? Aber um wen handelt es sich bei der männlichen Leiche? Hartnäckig verfolgt Gina verschiedene Ansätze, die weit in die Vergangenheit des Dorfes zurückführen.
Auch als Krimiautorin scheint Inge Löhnig auf bewährte Muster zurückzugreifen: Wie in den Romanen, die ich schon gelesen habe, verbindet sie wieder mehrere Handlungsfäden. Neben den Ermittlungen, die Gina Angelucci führt, führt uns eine weitere Erzählebene zurück in den Spätsommer 1944. Kairi Najokate ist aus Riga nach Bayern verschleppt worden und arbeitet als Zwangsarbeiterin in der Munitionsfabrik. Sie ist eine attraktive junge Frau und Fritz, einer der Offizieren, die das Lager, in dem die Verschleppten untergebracht sind, überwacht, verliebt sich in sie. Kairi jedoch will nichts wissen von ihm, sie fühlt sich zu Bene hingezogen, einem jungen Mann aus dem Dorf.
Eine zweite Handlungseben führt uns in die Familie Schattenhofer. Sepp Schattenhofer will einen Baumarkt auf dem Grundstück bauen, auf dem die Leichen gefunden wurden. Seine Schwägerin Ella hat nach dem Tod ihres Mannes Geldsorgen. Und Toni, die Großmutter der Familie, hat den Tod ihres Bruders Bene an der Ostfront nie verwunden. Immer wieder erinnert sie sich an ihre Jugend, an den Vater, der sich einen Sohn gewünscht hat und an die jungen Männer, die sich über sie lustig machten. Daß diese Ereignisse in Toni’s Jugend mit dem Fall in enger Verbindung stehen, wurde mir als Leserin ebenso schnell klar wie die Identität der beiden Toten. Trotzdem gelingt es Inge Löhnig die Spannung bis zum Ende aufrecht zu halten, denn wer für den Tod des Liebespaares letztendlich verantwortlich ist, das enthüllt sich am Ende nur uns Leserinnnen.
Die Figur der Gina Angelucci hat mir gut gefallen, sie hat eine sehr persönliche Motivation, die Identität der beiden Toten zu klären, um eventuell noch lebenden Angehörigen Klarheit über deren Schicksal zu verschaffen: Vor vielen Jahren verschwand eine Jugendfreundin von ihr, niemand weiß, was aus ihr wurde. Ihre Tochter Chiara ist ein Kind mit Downsyndrom, das besonderer Fürsorge bedarf, was immer wieder zu inneren Konflikten führt zwischen ihren beruflichen Anforderungen und ihrem Bedürfnis, für Chiara da zu sein. Daß eine undurchsichtige Frau immer wieder in der Nähe des Kindes auftaucht entwickelt sich zu einem zweiten Fall den es für mich nicht unbedingt gebraucht hätte und der auf mich eher wie ein Fremdkörper wirkte.
Fazit: Ein flott geschriebener, gut lesbarer Kriminalroman mit einer sympathischen Ermittlerin. Mir scheint es ein wenig, als ob die Autorin es sich zum Ziel gesetzt hat, verschiedene Facetten des Dritten Reichen abzuarbeiten. Das ist aller Ehren wert, aber sie folgt dabei immer mehr oder weniger demselben Muster. Nachdem ich schon einiges von ihr gelesen habe, war mir dieses Muster vertraut und barg deshalb keinerlei Überraschung mehr für mich. Als Urlaubs- oder Wochenendlektüre ist dieser Krimi jedoch durchaus empfehlenswert.
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