Dieses Buch ist nicht nur ein wunderschön gestaltetes Buch, sein Hauptthema sind auch die verschiedenen Vorstellungen von Schönheit.

Im Mittelpunkt steht das Schlossfräulein Marie Strakon, die kurz nach 1800 zusammen mit ihrem Bruder Christian auf die Pfaueninsel kommt. Beide sind Zwerge und reihen sich ein in die Reihe der exotischen Inselbewohner: Ein Riese, ein Südseeinsulaner und viele exotische Tiere. Mit Marie erleben wir die Veränderung der Pfaueninsel in den kommenden 80 Jahren mit: Vom verwunschenen Liebesnest des Königs hin zum kunstvoll gestalteten Garten durch Peter Joseph Lenné, der mit all seinen exotischen Bewohnern zum „Erlebnispark“ für die Berliner wird. Und der gegen Ende des Jahrhunderts langsam wieder verkommt.

Marie wächst beim Hofgärtner Fintelmann als Pflegetochter auf und zwischen ihr und Fintelmanns Sohn Gustav entwickelt sich eine Liebe, die Gustav jedoch nicht leben kann – zu sehr stößt ihn ihr Aussehen ab. Marie erlebt diese Zurückweisung wie die erste in ihrem Leben, die durch die Königin, die sie und ihren Bruder als „Monster“ bezeichnet. Ein Wort, das Marie ihr Leben lang begeleitet. Und als Gustav und Marie nach vielen Jahren doch zu einander zu finden scheinen, kommt es bei einem Fest in dem inzwischen erbauten Palmenhaus zu einem Eklat, der Christian das Leben kostet und Marie und Gustav für immer trennt.

Dieses Buch hat mich sehr berührt, denn durch Marie erleben wir die Entwicklungen des 19. Jahrhunderts in der kleinen Welt der Pfaueninsel mit: Die technischen Entwicklungen und wissenschaftlichen Etdeckungen, die Veränderung dessen, was man schön findet. Ist die Pfaueninsel zu Beginn ein harmonischen Idyll, verwandelt sie sich unter der planerischen Hand von Lenné in eine künstliche Landschaft, in der sich Pflanzen und Tiere dem Schönheitsideal Lennés unterordnen müssen. Marie bleibt ihrer Insel treu und wird sie nur einmal gegen Ende ihres Lebens verlassen, aber ihre Rolle als „Schlossfräulein“ wandelt sich immer wieder und sie bleibt ihr Leben lang einsam.

Ein toller Roman, kunstvoll geschrieben, zu Herzen gehend, traurig – Lektüre, die man nicht so schnell vergisst!