Eine treue Frau

Darauf habe sicher nicht nur ich gewartet: Die Fortsetzung des Buches „Ein untadeliger Mann“, in dem Betty, Old Filth’s Frau zu Wort kommt.

Hier erfahren wir, wie Edward Betty einen Heiratsantrag machte (auf dem Papier seiner Kanzlei, erst auf mehrfaches Bitten auch mündlich), warum Betty ihr Leben lang bei ihm bleibt, obwohl sie eine Stunde nach dem „Ja“ der Leidenschaft ihres Lebens begegnet (Veneering), wie sich ihr Leben an Edward’s Seite gestaltet und wann genau sie die „Schandperlen“ eigentlich erhalten hat.

Vieles davon haben wir schon gelesen, aber nun bekommen wir eine andere Sichtweise auf  die Dinge und natürlich auf Edward. Blieb Betty in „Ein untadeliger Mann“ eher eine schemenhafte Figur, von der man ahnte, daß sie ihre ganz eigene Sichtweise auf die Dinge hat, lernen wir sie nun sehr gut kennen.

Wenn Sie mich jetzt fragen, ob dieses Buch genauso gut ist wie sein Vorgänger, dann antworte ich Ihnen mit „Jein“. Zuerst war ich enttäuscht – war das Buch doch ganz anders als sein Vorgänger. Aber geht man nicht auch mit überhöhten Erwartungen an die Lektüre eines Nachfolgebuches, das zu den Lieblingsbüchern eines Jahres gehört hat? Und den Überraschungseffekt eines ersten Bandes kann ein Nachfolger nicht mehr bieten, denn Personal und Setting sind bereits bekannt.

Und jetzt kommt der Grund, warum Sie diesen Roman trotzdem lesen sollten: Auch er ist spannend und wirklich gut geschrieben. Während man im ersten Band viel über Edwards Kindheit und Jugend erfuhr, bleibt dies bei Betty mehr oder weniger im Dunkeln. Lediglich, daß sie ihre Kindheit in einem Lager verbrachte und dort auch ihre Eltern verlor, lässt uns Jane Gardam wissen. Um so mehr jedoch tauchen wir ein in die Ehe der beiden. Wieviel weiß man voneinander wirklich, kann man ohne Leidenschaft eine glückliche Ehe führen,  ist Liebe tatsächlich nur ein Gefühl oder, wie es der Klappentext fragt „Eine Frage der Haltung“? Um diese Fragen kreist der Roman und unterhält dabei nicht nur, sondern lädt auch zum Nachdenken ein.

Das Buch ist also weder besser noch schlechter, es ist ganz einfach anders, glänzend geschrieben und sehr lesenswert. Und nun bin ich gespannt, was mich im letzten Teil dieser Trilogie erwarten wird!