Rosalie Norman ist zwölf, als ihr Lieblingscousin Johnny Kellock spurlos verschwindet und ihre Mutter sich den Knöchel bricht, weil Rosalie ihre Zeichenstifte auf der Treppe hat liegen lassen. Es ist August 1959 und nach diesem Sommer wird alles anders sein.
„Meine Mutter wurde 1899 geboren. […] Mama stammt noch aus dem letzten Jahrhundert. Als ich auf der Bildfläche erschien, war sie schon fast fünfzig. Den Leuten erzähle ich immer, das sei der Weltrekord. […] Eine Mutter zu haben, die einen Weltrekord hält, ist allemal besser als eine, die einfach nur alt ist.“
Mit einem Hang zu Dramatik versucht Rosalie, ihr Leben etwas aufregender zu gestalten: mit den Comics, die sie liest und zeichnet, mit Baden im See mit ihren Freundinnen und mit Horrorgeschichten über den Nachbarsjungen, den alle nur den „Totengräber“ nennen.
Ausgerechnet diesen Jungen stellt Rosalies Vater ein, um der Mutter im Haus und im Garten zu helfen. Rosalie ist natürlich alles andere als begeistert. Und als dann auch noch ihr Cousin wie vom Erdboden verschluckt ist, steht ihre Welt Kopf. Denn niemand anderer als eben der Totengräber bietet ihr seine Hilfe an, als sie nach Johnny Kellock zu suchen beginnt.
Mit einer wunderbaren Leichtigkeit erzählt Hadley Dyer die Geschichte vom Ende einer Kindheit. Sie beschreibt diesen heißen Sommer mit einer Intensität, dass man beim Lesen ständig nach einer Erfrischung lechzt. Und Stück für Stück erlaubt sie ihren Charakteren, sich zu entpuppen: von den plakativen groben Skizzen, die Rosalie uns zu Anfang des Buches gibt, hin zu Menschen, die so vielschichtig und undurchschaubar sind wie eben nur Menschen es sein können.
Ein wundervolles Buch für den Sommer für Kinder ab 11 Jahren und für Erwachsene, besonders für jene, die „Wer die Nachtigall stört“ (Harper Lee) kennen und lieben gelernt haben.