Unvergessen ist für mich die Lektüre von „Die Säulen der Erde“, Ken Follets erstem historischen Roman. Ich kannte ihn vorher als Thrillerautor von Bestellern wie „Die Nadel“ oder „Dreifach“ und war überrascht, als er das Genre wechselte und noch dazu so gekonnt. Nach wie vor ist „Die Säulen der Erde“ für mich einer der gelungensten historischen Romane und ich schaue seitdem Kirchen und Kathedralen mit ganz anderen Augen an.
Leider war der Jahre später erschienene zweite Teil „Die Tore der Welt“ für mich nicht mehr so gelungen. Und nun kam also 2017 der dritte Teil der Kingsbridge – Trilogie heraus. Ich war gespannt.
1162 Seiten hat das Buch, das Hörbuch dauert 955 Minuten. Eine ausführliche Inhaltsangabe würde diese Seite sprengen! Deshalb nur in aller Kürze etwas zum Inhalt dieses opulenten Romans:
Im Mittelpunkt der Handlung, die sich von 1558 – 1604 erstreckt, steht Ned Willard. Er liebt Margery Fitzgerald und sie liebt ihn. Doch der große Konflikt zwischen Protestantismus und Katholizismus, der das 16. Jahrhundert prägt, macht eine Heirat der Beiden unmöglich: Ned ist Protestant, Margerys Familie ist katholisch. Deshalb verlässt Ned Kingsbridge und tritt in die Dienste der jungen Königin Elizabth I. Ihre Regentschaft ist geprägt von dem Wunsch nach Toleranz für beide Religionen. Zwar erklärt sie sich als Monarchin auch zum alleinigen Oberhaupt der Kirche, sie verbietet jedoch die blutrünstige Verfolgung der Katholiken. Ned wird ein wichtiger Ratgeber und einer der ersten Spione für seine Königin. In dieser Eigenschaft ist er nicht nur in England, sondern auch in Europa unterwegs und erlebt wichtige historische Ereignisse hautnah mit: Die Bartholomäusnacht 1572, den jahrzehntelangen Konflikt zwischen Elizabeth und Maria Stuart, der mit deren Hinrichtung 1587 endet und die Seeschlacht gegen die spanische Armada 1588. Er liebt Margery Zeit seines Lebens, ob die Beiden jemals zusammen kommen, soll aber hier nicht verraten werden.
Ned Willard ist der Hauptprotagonist, er kommt in einem Prolog und in weiteren Zwischenabschnitten immer wieder persönlich zu Wort. Er ist der positive Held des Romans, aufrichtig, tapfer, tolerant, edel.
Seine Angebetete Margery Fitzgerald wird von ihrem Vater, der unbedingt zum Adel gehören möchte, an den katholischen Viscount Bart Shiring verheiratet. Zeit ihres Lebens engagiert sich Margery für die katholische Kirche.
Ned’s Gegenspieler ist Pierre Aumande, ein uneheliches Kind aus der einflussreichen französischen Adelsfamilie der Guise. Er ist glühender Katholik und sein sehnlichster Wunsch ist es, von der Familie der Guise anerkannt zu werden und deren Namen zu tragen. Es gelingt ihm, der wichtigste Ratgeber von Henri de Guise zu werden und nach einigen erfolgreichen Intrigen gegen die Hugenotten, vor allem der Organisation der Bartholomäusnacht, darf er den Namen Pierre Aumande de Guise führen. Er ist das Gegenteil von Ned: Intrigant, hinterlistig, geltungsbedürftig und fanatisch.
Neben diesen und einer ganzen Reihe weiterer fiktiver Charaktere, spielen jedoch auch historische Persönlichkeiten eine Rolle: Elizabeth I. und Maria Stuart habe ich schon erwähnt, aber auch die Familie der Guise, Louis de Bourbon, Sir William Cecil, einen der wichtigsten Ratgeber der Königin und Mentor von Ned, sowie viele andere finden ihren Platz in diesem Roman.
Ich hatte eine lange Bahnfahrt vor mir, dafür war dieses Hörbuch wie geschaffen. Joachim Kerzel, die deutsche Stimme von Anthony Hopkins, liest das Buch hervorragend und mit der angemessenen Dramatik. Trotzdem fiel es mir zu Beginn schwer, in die Geschichte reinzukommen. Zu langatmig war mir der Anfang, zu reichhaltig das Personentableau, das erst einmal eingeführt werden musste. Um hier die Übersicht zu behalten sind übrigens die in den CD-Hüllen mitgelieferten Personenverzeichnisse eine große Hilfe! Erst ab der 4. oder 5. CD nahm die Handlung dann wirklich Fahrt auf und es wurde spannend. Nun wollte ich wirklich wissen, wie es weiter geht mit Ned, Margery, Pierre und all den anderen Personen und habe die restlichen 3 CD’s nach meiner Heimkehr zügig zu Ende gehört.
Dennoch kommt für mich auch dieser Roman nicht an „Die Säulen der Erde“ heran. Das Thema des Religionskonfliktes finde ich durchaus sehr spannend und interessant, auch wenn mir als Zuhörerin einige wirklich brutale Szenen zumutet wurden. Was für eine dunkle, von Fanatismus, Intoleranz und persönlichen Machtinteressen geprägte Zeit! Aber insgesamt war es mir dann doch zuviel an Historie, die hier abgehandelt wurde. Sicher, das ist alles im erzählten Zeitraum passiert, aber weniger wäre für mich hier doch mehr gewesen. Zweifellos ist dieser Roman jedoch sehr sorgfältig recherchiert und ich habe sehr viel gelernt!
Ebenfalls gestört haben mich die sehr schablonenhaft gezeichneten Figuren, die entweder sehr gut (Ned) oder abgrundtief böse (Pierre) sind. Hier hat es sich Ken Follett etwas zu einfach gemacht. Auch die Dialoge sind teilweise etwas platt, auch sprachlich ist dieser Roman ganz sicher kein Highlight. Und warum der Velag sich diesen Titel ausgedacht hat, bleibt mir ein Rätsel – den englischen Titel Column of Fire finde ich weit treffender.
Fazit: Ein unterhaltsames, sehr gut gelesenes Hörbuch für das man am Anfang etwas Durchhaltevermögen braucht. Dennoch durchaus emfehlenswert für alle, die historische Romane lieben und denen es nichts ausmacht, wenn die Charaktere etwas unausgereift daherkommen und die Sprache nicht durch besondere Raffinesse glänzt!
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