Riot Grrrl – so nannte sich eine feministisch-subkulturelle Bewegung, die Anfang der 90er Jahr in der Hardcore-Punkszene der USA entstand. Die männliche Dominaz sowohl bei den Musikern als auch bei vielen Teilen von Bühnenshows, die so empfunden wurden, bildete den Anlass für diese Bewegung. Das englische Riot bedeutet Aufruhr und der Titel dieses Debütromans von Susanne Kaiser stellt diese Bezüge her. Riot Girl ist zwar der erste Roman, aber nicht das erste Buch, das die Autorin veröffentlicht hat. Frühere Publikationen, vor allem Backlash, die neue Gewalt gegen Frauen beschäftigen sich mit den Machtverhältnissen zwischen Männern und Frauen in muslimischen und westlichen Gesellschaft. Und, wie sollte es auch anders sein – genau das ist auch das Thema ihres ersten Romans.

Die Polizei ist alarmiert: In Deutschland gibt es eine neue Bewegung, die Influenzas, die Deutschland mit Aktionen überzieht: Sie blockieren Gebäude, zünden Mülltonnen an und schreiben Drohbriefe. Das bayrische Landeskriminalamt schleust die Forensikerin Obalski als verdeckte Ermittlerin ins Jugendamt München ein. Dort soll sie undercover Informationen über die Bewegung, ihre Methoden und ihre Ziele beschaffen. Zuletzt wurde der bayrische Landtag bedroht: In einem Brief fordern die Influenzas, dass sofort Ermittlungen eingeleitet werden müssten in allen angezeigten Fällen von Gewalt gegen Mädchen. Wenn das nicht geschehe, würde eine Aktion durchgeführt, die das Land nachhaltig erschüttern könnte. Für Obalski ist es ihr erster Auftrag und sie hat wenig Zeit – 10 Tage gibt die Bewegung der Polizei. Sie ist eine sehr empathische Figur, hat Genderstudies studiert und danach eine Ausbildung beim BKA gemacht. Ihre Kolleginnen im Jugendamt, die sie für eine Quereinsteigerin halten und von ihrem eigentlichen Auftrag nichts wissen, stehen ihr skeptisch gegenüber, denn ihrer Meinung nach brauchen sie ausgebildete Sozialarbeiter. Es gelingt Obalski jedoch, nicht nur ihr Vertauen, sondern auch das der jugendlichen Klientel zu gewinnen. Sie taucht ein in die digitalen Kanäle, über die sich die Mädchen organisieren und im Laufe der Ermittlungen fragt sie sich, wer hier eigentlich die Täter und wer die Opfer sind.

Der Einstieg in diesen Krimi fiel mir nicht ganz leicht, vor allem, dass sich die Erwachsenen nur mit Nachnamen ohne Anrede ansprechen, hat mich zu Beginn irritiert. Aber im zweiten Anlauf war ich dann schnell gefangen in der Geschichte und der Welt, in die ich geraten war. Susanne Kaiser gelingt es hervorragend, den Sound der jungen Mädchen einzufangen und ihre Gedankenwelt zu vermitteln. Die Bewegung organisiert sich ausschließlich digital und obwohl mir diese Welt nicht ganz unbekannt ist, wusste ich vieles nur oberflächlich aus Zeitungberichten oder Filmen. In diesem Krimi jedoch erhielt ich einen lebendigen Einblick, der mir die Macht, die diese Kanäle vor allem bei Jugendlichen haben, noch einmal ganz anders bewusst machte. Macht geben die digitalen Kanäle aber auch dunklen Netzwerken von Männern, die sie nutzen, um junge Mädchen sexuell zu missbrauchen. So bezieht dieser Kriminalroman seine Spannung zum einen daraus, ob Obalski die richtigen Schlüsse zieht, um die angekündigte Aktion zu verhindern, zum anderen aber auch daraus, ob es ihr gelingt, vor den beiden Kolleginnen im Jugendamt zu verbergen, was ihre eigentliche Aufgabe ist.

Fazit: Spannende, vielschichtige Krimikost mit einer Hauptfigur, von der ich gerne noch mehr lesen möchte!

Wenn Sie Lust bekommen haben, das Buch zu lesen, können Sie es im Vaihinger Buchladen bestellen oder herunterladen. Der Link führt direkt zum Titel im Webshop.

Eine Leseprobe finden Sie hier

Dieses Buch wurde mir vom Rowohlt Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar für meine Arbeit in der Jury der Stuttgarter Kriminächte zur Verfügung gestellt. Herzlichen Dank!